Schlagwort: metal

BLACKBRAID – II

Inwieweit beeinflusst die Natur um uns, die Landschaft, der Grund und Boden, auf dem wir geboren, aufgewachsen sind und leben, unsere Kunst? Hat der geographische Hinter-, oder besser Untergrund verglichen mit dem kulturellen, mit den Traditionen und der Geschichte, überhaupt einen Einfluss auf Menschen? Hört man das Lagerfeuer und die ersten gezupften Töne von ‚Autumnal Hearts Ablaze’, dem Intro zum zweiten BLACKBRAID-Album, fühlt man sich jedenfalls sofort nach Nordamerika versetzt, und zwar in eine nördliche, bergige Region wilder Wälder; musikalisch erinnert es anfangs vielleicht genau wegen dieser Naturstimmung an Cascadian Black Metal und WOLVES IN THE THRONE ROOM oder AGALLOCH, schnell kommt jedoch noch eine andere Note hinzu, und zwar eine, die längst überfällig war – der Einfluss und Ausdruck der ursprünglichen Bewohner des Landes.

BLACKBRAID ist das Soloprojekt von Sgah’gahsowáh, der nach dem gerade in den USA extrem gefeierten Debüt ‚Blackbraid I’ bereits ein knappes Jahr später nun dessen Nachfolger vorlegt, doch die vorgelegte Release-Geschwindigkeit sowie nochmalige qualitative Weiterentwicklung der Musik sind bei weitem nicht das einzig Erstaunliche an dieser Neuentdeckung. Es ist nicht die erste indigene US-Black Metal Band (von denen die meisten…

METAL, MACHT, MISOGYNIE – im Lichte der Diskussion zur Causa RAMMSTEIN – Teil III

Teil III – Sexismus im Rock und Metal – a.k.a. ‘Woman, be my Slave’?

Ich gebe es zu, ich habe mich total verschätzt, was das Thema „Sexismus in der Rockmusik“ angeht, und zwar nicht nur wegen dem extremen Ausmaß an Misogynie auf sämtlichen Ebenen im Musikbusiness wie auch generell in der Popkultur. Zwar gab es hier bisher noch kein echtes #metoo wie seit 2017 in der Filmindustrie, doch immer wieder outen sich auch prominente Frauen wie zB Lady Gaga als “Rape Survivor”, das Thema ist schon lange unterschwellig am Brodeln. Da mir bewusst war, dass allein die dahinterstehenden gesellschaftspolitischen Fakten zwar sehr schwer wiegen, aber zu wenig bekannt sind, habe ich in Teil I alltägliche Gewalt gegen Frauen und Teil II speziell Sexismus und sexualisierte Gewalt, denen Frauen in männlich dominierten Gesellschaften ausgesetzt sind, entsprechend ausführlich behandelt – wer also erst hier einsteigt, sollte sich zum besseren Verständnis zuvor dort mit den erschreckenden Zahlen und Fakten auseinandersetzen, die zeigen, wie fatal sich hegemoniale Männlichkeit auch in unserer scheinbar so aufgeklärten Gesellschaft immer noch auf das Leben von Frauen und nicht-binären Menschen, die ich hier stets…

METAL, MACHT, MISOGYNIE – im Lichte der Diskussion zur Causa RAMMSTEIN – Teil II

Teil II – Sexualisierte Gewalt, Sexismus und das Patriarchat

Nachdem wir geklärt haben, wie verbreitet Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft ist, stellt sich die Frage, wieso das Thema nicht viel umfassender diskutiert wird, sondern vielmehr in der Öffentlichkeit kaum vorkommt? Was für eine Rolle sexualisierte Gewalt spielt und wie die Rechtslage sich dazu über die Zeit entwickelt hat? Und wieso es Betroffenen so schwergemacht wird, mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen? Die Gründe hierfür sind komplex, da sie vor allem von den jeweiligen Grundwerten aller Beteiligten und der Gesellschaft, in der sie leben, abhängen. Aufseiten der Opfer* sind Schamgefühle, Selbstvorwürfe und auch einfach der Wunsch, Geschehenes zu verdrängen, um wieder gesunden zu können, mehr als verständliche Gründe zu schweigen, auf der anderen Seite haben wir eine Gesellschaft, die sich ihren dunklen Seiten und deren sozialen und politischen Hintergründen wenn überhaupt, dann nur ganz allmählich stellen will, und sie lieber tabuisiert. Oder die sich gleich auf die Seite der Täter stellt. Wie wirkmächtig Täter-Opfer-Umkehr sein kann, hat zuletzt der Prozess Heard/Depp gezeigt, der dem Schauspieler nicht…

METAL, MACHT, MISOGYNIE – im Lichte der Diskussion zur Causa RAMMSTEIN – Teil I

I – Eine Einordnung in die aktuelle Lebenswirklichkeit von Frauen

Es hat was von einem Vulkanausbruch – auch wenn ein Ereignis lange überfällig ist, wenn es dann plötzlich eintritt, passiert alles viel zu schnell und gleichzeitig, die Situation wird unübersichtlich und die Reaktionen darauf chaotisch und oft widersprüchlich. Der von Frauenseite lange erwartete #metoo-Skandal in der Musikbranche, haben wir ihn nun endlich durch die Causa RAMMSTEIN? Noch sind wir ganz am Anfang, es werden aktuell weiter durch die Medien Indizien zusammengetragen, die behördlichen Ermittlungen haben vermutlich noch nicht einmal begonnen, was jedoch gleichzeitig die Chance beinhaltet, genau dieses Momentum zu nutzen und aus „Rammelstein“ die dringend notwendige gesellschaftliche Diskussion zu machen, die klärt, wie der Sexismus im Musicbiz bekämpft und ausgerottet werden kann. Also los, auf die Barrikaden!
Doch – was passiert da gerade? Überall sind sehr laute Stimmen zu hören, die Frauen anklagen: dafür, dass sie den Mund bei der Polizei und in Social Media aufgemacht haben und einen Rockstar beschuldigt, dafür, dass sie ihn back- oder gar…

UNHOLY PASSION FEST VI

Unholy passion I feel for you…, dieser Ohrwurm wird seit dem vergangenen Wochenende viele beglücken, die zur jährlichen Düstermesse, dem UNHOLY PASSION FEST VI, ins Gebäude 9 gepilgert waren. Zum ersten „richtigen“ Festival nach der Corona-Zwangspause, folglich auch als sechstes gezählt und wie immer von ULTHA mit befreundeten oder neu entdeckten Bands organisiert. Und wer bisher nicht wusste, wieso das Ganze eigentlich so heisst, konnte heute seine entsprechende Lektion lernen, aber dazu später…

Bis auf eine Handvoll Karten ausverkauft ist dieser kalte Kölsche Winterabend, so sehr ist das erste Dezemberwochenende Fixpunkt im Kalender der Fans, ein Abend, an dem immer wieder ganz Spezielles geboten wird und den man daher nicht verpassen will, zu dem aber auch regelmässig Leute aus ganz Europa kommen, die sich zur ULTHA-Familie zählen. Darauf, dass das Lineup passt, kann man sich verlassen, trägt die Bandauswahl doch stets die Handschrift dieser fünf Musiker und ist damit innovativ, ausgefallen und vor allem hochklassig. Drei Bands haben sie diesmal eingeladen, eine davon war bereits im Frühjahr mit den Kölnern unterwegs – UNRU aus Berlin, die mit Lars sogar eine personelle Überlappung haben. Wer auf der UNRULTHA-Tour dabei war, hat erlebt wie gut beide Bands…

SONJA – Loud Arriver

Die meisten Menschen leben bis zum Tod mit dem Namen, der ihnen von ihren Eltern gegeben wurde, doch immer mehr wählen irgendwann passend zu ihrer wahren Identität einen, der das ausdrückt, wer sie wirklich sind. Melissa Moores Vorname ist natürlich viel mehr als nur eine Reminiszenz an das epochale MERCYFUL FATE-Debüt und Ausdruck ihres durch und durch vom Heavy Metal geprägten Lebens, sagt jedoch auch sehr viel über ihre Persönlichkeit aus. Dasselbe tut ‚Loud Arriver’, ein Debüt, das man so von drei bisher fest im extremen US-Black/Thrash/Death Metal verwurzelten MusikerInnen nicht erwartet hätte.

Dreh- und Angelpunkt bei SONJA ist Melissa Moore, ebenso aktiv als Donna Violence bei den blasphemischen CROSSSPITTER, bei den Thrashern RUMPELSTILTSKIN GRINDER und einem grösseren Publikum bisher vor allem bekannt als Vis Crom, langjähriger Gitarrist und Songwriter bei ABSU. Es war fast unmöglich, das erbärmliche Schmierentheater um Moores Rauswurf von den texanischen Occult-Blackthrashern zu ignorieren, nach ihrem öffentlichen Einsatz gegen die 2018 von den Republikanern unter Trump geplante extrem restriktive Gender-Gesetzesnovelle, die die gesellschaftliche Stimmung gegenüber Transgendern in den USA noch aggressiver als bisher…

GOTT – To Hell To Zion (EP)

Der Tod, so schmerzhaft er auch ist, ist Teil des Lebens und seines ewigen Zirkels von Werden und Vergehen. Als Michiel Eikenaar am 12. April 2019, mitten während des Roadburn Festivals, nur zweiundvierzigjährig seinem Krebsleiden erlag, war auch die Niederländische (Black) Metal-Szene tief erschüttert. Seine ehemalige Band DODECAHEDRON, das NL-BM-Allstar-MAALSTROM-Projekt und auch MOLASSES widmeten dem Tilburger ihre dortigen Auftritte, aber der Verlust des charismatischen, beliebten und umtriebigen Frontmannes hinterliess eine riesige Lücke, für viele seiner Freunde eine tiefe Wunde, die nur schwer verheilt.

Angesichts eines solchen Todes stellen Menschen seit Urzeiten die Frage nach der Existenz Gottes, und Dave van Beek (GGU:LL, ex- DODECAHEDRON), einer von Michiels engen Freunden, nahm dessen Tod und auch die Zeit der Pandemie zum Anlass, ein eigenes Gartenstudio namens “The House Of Doom” zu bauen sowie eine neue Band für Kompositionen, die nicht in seine anderen Kapellen passten, zu gründen, um zusammen diesen grossen Verlust zu verarbeiten. Die Single ‚Axiom VI’ war im Sommer 2019 das erste Lebenszeichen von GOTT, ein ergreifendes Lied über den Tod und vor allem, wie das gesamte Bandschaffen, eine Hommage an Eikenaar. Nun kommt ihre erste EP ‘To Hell To Zion’, auch auf Vinyl…

IMPERIAL TRIUMPHANT & PI live in Straßburg

Ein heisser Hochsommertag in Straßburg, das Zentrum zwischen Kathedrale und La Petite France platzt fast vor lauter Touristen, und auch eine kleine Reisegruppe aus New York City ist für einen Abend hier, um die eigene Megacity auf ihre Art zu besingen – mit den Mitteln von Black und Death Metal sowie einem guten Schuss Jazz. IMPERIAL TRIUMPHANT sind auf grosser ‘Mother Of Greed’-Europatour mit insgesamt 27 Auftritten auf diversen Festivals und in mittelgrossen Clubs. Noch sind sie bei uns nur Insidern bekannt, doch ihr aktuelles und fünftes Album ‚Spirit Of Ecstasy’ sollte das nun schnell ändern, es wird auf jeden Fall in diversen Jahresendlisten zu finden sein.

Doch zuerst will der Weg ins erst vor zwei Jahren neu eröffnete La Maison Bleue im Süden der Stadt gefunden werden, und so kommt es, dass ich von PI, die sehr pünktlich gestartet sind, nur noch den Rest des Auftrittes zu hören bekomme. Das multinationale Trio hat sich 2015 hier in Straßburg gegründet und besteht aus dem Mexikaner Guillermo González an der Neunsaitigen, Guido Pedicone aus Argentinien am fretless Bass sowie Lokalmatador Ludovic Muller am Schlagzeug. Die drei haben sich einen sehr technischen, instrumentalen und in Richtung Death Metal gewichteten Progmetal auf die Fahnen geschrieben, den sie sehr selbstversunken ihrem Publikum, das ganz offensichtlich gut mit ihrem 2019er Debüt ‚Transmutation Circles’ vertraut ist, präsentieren…

ULTHA & UNRU live

Wisst ihr noch, wie Bühnennebel riecht? Ich hatte das komplett vergessen, und das hat mir nochmal gezeigt, was die vergangenen zwei Jahre im Höhlen-Rückzugsmodus mit mir gemacht haben. Wie viel ich komplett verdrängt hatte, was zuvor einen riesigen Teil meines Lebens ausgemacht hat, und eben gerade den, der mir am meisten gibt. Livestreams sind schön und gut, aber eben allermeistens auch nur steriles TV, eine Krücke, Musikporno.
Sicher, auch ich habe mich drüber gefreut, in all der seltsamen Zeit Bands auf diese Weise überhaupt mal zu sehen, aber genau das, was Konzerte so auszeichnet, die Vorfreude, die Gemeinschaft, das Leute treffen und reden, und vor allem die immer wieder neu und anders entstehende Energie zwischen Band und Publikum, das Grummeln der Bässe in den Füssen, das sich auch körperlich in die Musik fallen lassen, die Entdeckungen am Merchtisch und natürlich auch der Nackenmuskelkater am Tag danach – all das fehlte mehr als schmerzhaft.

Umso besser, dass sich bei der UNRULTHA-Tour nun alle Beteiligten Riesendosen an Nebel einfahren konnten, und natürlich auch alles andere, was eben so dazugehört. Neun Dates in Deutschland mit kurzen Abstechern nach Holland und Österreich, so kann man seine Osterferien auch verbringen, vor allem wenn man mit Freunden unterwegs ist…