Schlagwort: Progressive Metal

LINUS KLAUSENITZER – Tulpa

Wer mich kennt weiss: der Bass ist für mich das wichtigste und daher auch mein liebstes Instrument in der Rockmusik, und somit sind es logischerweise auch vor allem die BassistInnen, die ich am meisten schätze – ganz in Gegensatz zur landläufigen Meinung über die Virtuosen an den dicken Saiten. Und auch hier höre ich vor allem diejenigen sofort aus einem unbekannten neuen Stück Musik heraus, die einen ganz eigenen und individuellen Stil und Sound pflegen, technisch herausstechen aus der Masse und damit völlig neue Impulse für ihre Bands und Genres geben.

Linus Klausenitzer, einer der mittlerweile gereiften Extremmetalhead-Musikstudenten der Regensburg-Landshut-München-Achse, aus der seit Beginn der 2000er so grossartige Prog/Teach-Death und -Blackmetal-Formationen wie NONEUCLID, OBSCURA, ALKALOID und DARK FORTRESS hervorgingen, gehört ganz vorne mit zu diesen Musikern. Egal mit wem er spielt, er setzt stets Akzente, die auffallen und formt souverän und technisch herausragend die Basis komplexer Songs mit und brilliert mit geilen Soli, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. Hinzu kommt dass er meist fretless spielt, und hat gerade damit einen wunderbar warmen, vollen und trotzdem metal as fuck direkten Sound entwickelt, der geradezu ins Ohr hineinschmilzt, wenn er sich nicht gerade stählern hineinfrisst – doch dazu später…

ANOUSHBARD – Abandoned Treasure

Since a long time and beyond our self-centred perception, metal has already been a global phenomenon, but even though this view is slowly widening, it is still a very European/American centred affair. Especially countries that for whatever reason, be it political, religious or social, differ a lot from Western countries and are also not the typical tourist destinations, fall through the cracks of attention of fans and labels alike. Iran certainly is one of the places about which we know and hear the least about, but of course there also enthusiastic metal fans and skilled musicians are living and playing heavy metal, even when this is not officially supported. ANOUSHBARD from the capital Tehran are some of them who could change our perception of Arab music, and put their country on the world map of metal.

Founded 2017 by the two guitarrists Siavash Motallebi and Sherwin Baradaran, the latter also perfoming all vocals, the duo released their debut ‘Mithra’ in 2020, already displaying their characteristic mix of prog metal melodies with driving, extreme, both thrash and death metal riffing and rhythmic elements, all combined with Persian folk influences and wonderful clean vocals as well as guttural growls. Whereas their first record gave a great insight both into their metal influences (think groovy SLAYER riffing meets NEVERMORE drive and complexity, and a lot of stark contrasted, mid-…

DØDHEIMSGARD / DHG – Black Medium Current

Als Fan freut man sich auf jede neue Scheibe seiner liebsten Bands, doch es gibt Gruppen, da spitzen wirklich alle im Business, die Musiker, Promoter, Booker, Szenekenner und KritikerInnen die Ohren, weil man von ihnen einfach mehr erwartet – mehr Neues, Ungewöhnliches, Inspirierendes, Experimentelles, ja auch Kontroverses. Die Norweger DØDHEIMSGARD gehörten schon immer zu diesen Bands, und auch ‚Black Medium Current’, DHGs sechstes Album macht da keine Ausnahme. Schon die erste veröffentlichte Single ‚Abyss Perihelion Transit’, siehe das Video unten, machte extreme Lust auf mehr, und nun steht die Veröffentlichung kurz bevor und ich kann sagen – das Warten hat sich absolut gelohnt, ob es im psychedelisch-proggigen Black Metal da 2023 noch eine Steigerung gibt ist unwahrscheinlich. Vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, aber für mich liegt sie als Jahreshighlight und Messlatte schon jetzt auf Augenhöhe mit ORANSSI PAZUZUs 2020er Meisterwerk ‚Mestarin Kynsi’, das damals ebenfalls Mitte April erschien, und das will schon etwas heissen…

…und ich habe nun die undankbare Aufgabe, meine Entzückung zu begründen. Dabei ist das eigentlich ganz einfach, denn wirklich alles, was auf ‚Black Medium Current’ passiert, findet auf einem schwindelerregend hohen Niveau statt…

MYTHOSPHERE – Pathological

Erstaunlich, nach SONJA’s Debüt schon die zweite Cruz Del Sur-Veröffentlichung auf dieser noch jungen, doch eher beinharten Seite, und abermals ein Debüt, woran liegt das bloss? Natürlich an der herausragenden Qualität und Originalität beider Bands, aber vor allem an der ewigen Liebe der Rezensentin zum klassischen Doom und Heavy Metal – nur zu episch oder gar pathetisch darf es nicht werden, doch das ist bei diesem neuen Ableger von PALE DIVINE/Ex-BEELZEFUZZ plus grandiosem Prog-Überraschungseffekt nicht zu befürchten, geht es doch stilsicher zurück in die goldenen Zeiten dunkelbunter, schleppender Riffs. Zudem, wer seinen Erstling dem unlängst verstorbenen Doomgott Eric Wagner widmet, das müssen gute Menschen sein! Schauen wir uns das Ganze also einmal genauer an…

MYTHOSPHERE ist ein echter Glücksfall, für seine Mitglieder offenhörbar genauso wie für die Fans, haben sich mit der Gründung doch musikalische Schwergewichte aus der (Maryland-)Doom-Szene mit einem US-Metal-Ausnahmegitarristen zusammengefunden, die man in dieser Verbindung so nicht erwartet hätte, jedoch gerade durch ihre unterschiedlichen Hintergründe ein perfect match abgeben. Als BEELZEFUZZ 2019 sein Ende fand oder besser: erfolgreich in PALE DIVINE aufging, gab es von Dana Ortt und Darin McCloskey offenbar noch Material, das nicht in…

IATT – Magnum Opus

Schon interessant, wie es manchmal läuft im Leben – einen wirklichen Zugang zu Magnum Opus’ habe ich erst bekommen, als ich mich zeitgleich zum einen mit IBARAKI, und zum anderen mit der neuen SEPTICFLESH beschäftigt habe. Dann hat das Album auf einmal gezündet, und auch wenn Jay Briscoe mit seinen fiesen, entweder zum Highpitch oder in Grabestiefen überdrehten, stark metalcorebasierten Shouts nie zu meinen favorisierten Sängern gehören wird, kann ich seine Vocals nun besser einordnen. Bei einer Platte, die mit einer melancholischen Violine startet, kommt solch krasser Gesang eine Minute später einfach überraschend, aber eben auch solche Dinge wie Saxophonsoli, Flamencogitarren, barocke Pianopassagen, Klangschalensessions, spacige Keyboardsounds oder coole Jazzläufe, und IATT (ehemals I AM THE TRIREME) haben all das im Programm. Das Quartett aus Philadelphia will sehr viel, und hat noch viel mehr Ideen.

Zu den oben genannten Bands könnte man noch FLESHGOD APOCALYPSE, aber auch IMPERIAL TRIUMPHANT hinzufügen, und damit ist die Arena, in der ‚Magnum Opus’ agiert, einigermassen abgesteckt. Zwischen technischem, teils verspielt symphonischem Death Metal mit rhythmischem US-Metalcore-Kern und sehr experimentellem, progressivem Black Metal kommt hier alles bunt gemischt aufs Tapet, und kann den Hörer anfangs tatsächlich überfordern, weil so viel auf einmal passiert…

WAZZARA & DORDEDUH live

Zwei Bands und ihre jeweiligen Zweitlinge haben mich durch das vergangene Jahr auf besondere, doch ganz unterschiedliche Weise begleitet, was sich dann auch entsprechend in meinem Jahresrückblick niederschlug. Zuerst überraschten DORDEDUH im Mai mit ihrem zwischen Progrock und folkloristischem Black Metal pendelnden Jahrhundertalbum ‚Har’, das mich mit seiner positiven Kraft, Schönheit und geerdeten Spiritualität durch den gesamten Sommer begleitete. An Samhain brachten dann die mir bis dahin unbekannten WAZZARA um Barbara Brawand ihr LP-Debüt ‚Cycles’ heraus, was mich komplett umgehauen hat – es trifft nicht nur genau meinen Musikgeschmack mit seinen vielen Stimmungs- und Dynamikwechseln in seiner stimmigen Melange aus bassbetontem Doom, grossen Melodien und extremmetallischer Härte, sondern hat mich, aber vor alle mit seinem thematischen und sprituellen Fokus auf kraftvolle, schöpferische, eben zyklische Weiblichkeit gleichzeitig ermutigt und ganz tief beruehrt.

Als ich jedoch herausfand, dass Putrid aka Andrei Jumugă auf beiden Alben Schlagzeug spielt, da die Bands miteinander befreundet sind, hat sich ein Kreis geschlossen, und ich habe mich nicht mehr wirklich gewundert, als das ursprünglich für den 11. Dezember 2021 geplante gemeinsame Konzert im Gaswerk Winterthur angekündigt wurde. Da muss ich hin! Was für ein Glück, diese beiden Bands zusammen auf einer intimen Clubbühne zu erleben! Big C hat jedoch zuerst einmal einen Strich durch die Rechnung…