Schlagwort: Norwegian Black Metal

MISOTHEIST – Vessels By Which The Devil Is Made Flesh

Black Metal ist heute mehr denn je ein Vehikel, um ohne den Umweg über den Intellekt pure Gefühle zu vertonen und dadurch eben auch auszuleben, die sich anders nicht ausdrücken lassen. Wut, Hass, Angst, Verzweiflung, Gewalterfahrung, Unverstandensein, Ekel, Scham, Verachtung, Rachegelüste, Einsamkeit, Eifersucht, Trauer – you name it, alle so richtig negativen Emotionen finden hier ein willkommenes Ventil, aber auch solche wie Sehnsucht, Zweifel oder Melancholie. Die dafür genutzten musikalischen Mittel sind mittlerweile weitgehend Interpretationssache; auch wenn sich natürlich Grundstrukturen und stilprägende Elemente wie die allumfassende Repetition stets wiederfinden lassen, ist die kreative Bandbreite des Genres heute so weit offen wie nie zuvor – und genau diese unglaubliche Vielfalt und ständige Evolution macht es ja gerade so spannend und faszinierend.

Trotzdem kann man sich die Frage stellen, was denn eigentlich zeitgemässen Black Metal im Kern ausmacht, was sozusagen heute die Definition, die Essenz des Stils ist? Während viele weiterhin expansiv mit Grenzüberschreitungen experimentieren, versuchen sich im Gegensatz dazu nicht wenige Bands an genau dieser Aufgabe der Reduktion, und eine Szene, die sich (nicht nur) damit einen Namen gemacht hat, die Fahne des weiterentwickelten klassischen…

STIRIAH – …Of Light

An STIRIAHs dritter LP ‚…Of Light’ habe ich mir lang die Zähne ausgebissen, tue es eigentlich immer noch. Das Quartett, das seinen Schwerpunkt von Dresden in die Hauptstadt verlagert hat, ist schwer zu fassen; als Rezensentin versuche ich anfangs automatisch, Bands irgendwo einzuordnen, indem ich unbewusst versuche, sie mit anderen zu vergleichen – dieser Weg ist vermutlich menschlich, wir versuchen intuitiv eine Ordnung zu schaffen, zuzuordnen, Ähnlichkeiten zu finden, doch das funktioniert bei STIRIAH nicht. Sie widersetzen sich einfachen Schubladen, und zwar durchaus mit Stolz.

Gut, natürlich hört man sofort, wo ihre Haupteinflüsse herkommen, das ist klassischer, ziemlich norwegischer Zweite Welle-Black Metal, mit einem grossen Melodieanteil, aber da ist noch einiges, unerwartetes mehr, und obwohl sie selbst ihren roten Faden offenbar ganz eindeutig kennen, die Stringenz der Platte legt das nah, lassen sie uns Hörer damit erstmal allein im Nebel stehen. Oder in totaler Verwirrung, völliger Un-Ordnung? Sie selbst nennen ihren Stil ja „Harmonic Black Chaos – since 2015“, und damit kommen wir der Sache vermutlich deutlich näher…