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Stil: Dreamy TripHop-Sludge, Goth Witch Doom oder einfach “music for the night sky”… |
Gegensätze machen Kunst spannend, und das gilt genauso für Musik – Stil-Crossover und die Kombination unerwarteter Elemente öffnen Türen zu neuen auditiven Erfahrungen. Ein immer populärer werdendes Beispiel aus dem Doom-Dunstkreis sind ätherische Stimmen und Stimmungen über repetitiven Drones und langsamen, schweren Riffs, wie wir sie beispielsweise von (DOLCH), FRAYLE, KING WOMAN, LIŁITH, den beiden Wölfinnen oder auch E-L-R kennen. Doomgaze kann man das nennen, wenn eine schwebende, shoegazige Atmosphäre mit stark verzerrten Soundwällen in Austausch geht, und CHURCH OF THE SEA fügen diesem Konzept noch einen kühlen Darkwave-Touch hinzu, der ihnen weitere Hörerkreise erschliesst.
Das Trio aus Athen erschafft eine sehr elegante Musik, gerade auch durch das schleppende Tempo, das nur selten Geschwindigkeitsausbrüche erlaubt und die starken Kontraste, mit denen sie arbeiten. Vangelis’ mäandernden, schweren Riffs und melodischen Leadausflügen steht Irinis Stimme mehr als gleichwertig gegenüber, und das Dreieck wird durch Alex’ Drum- und sonstige Synths geschlossen. Und da gibt es noch mysteriöse, wie mit Hämmern geschlagene oder Bögen gestrichene, metallisch kalt klingende spezielle Instrumente wie gerissene Klaviersaiten und Becken, die eine gute Portion noisigen Industrialtouch dazugeben, und den einzigartigen CHURCH OF THE SEA-Sound daraus formen, der bereits auf der dem Debüt vorausgehenden EP ‚Anywhere But Desert‚ .
Eigentlich ist es fast schon minimalistisch, wie sie arbeiten, und manchem wird zu wenig passieren in ihren Songs, mich nimmt diese sehnsuchtsvolle, düster-meditative Stimmung jedoch total gefangen. Eine entspannt-souveräne Zeitlosigkeit weht durch ‚Odalisque’, die vergessen lässt was um einen herum passiert, und trotzdem in selbstironisch-lakonischer Art ihre Finger in unterschiedlichste Wunden legt, vor allem auch durch sehr dunkelpoetische Lyrics, die ein mystisches Traumland erfahren lassen.
„Sink your finger in the water
Move in circles round and round
Keep your head above the surface
Yell and shout as you go down“
CHURCH OF THE SEA sagen über ihr Debüt:
„Odalisque ist eine Ode an unerfüllte Sehnsüchte, falsche Entscheidungen und das Bewusstsein, dass wir, wenn wir in der Zeit zurückreisen könnten, bei vollem Bewusstsein genau dieselben Fehler wiederholen und immer wieder denselben sadistischen Tanz vollführen würden.“
Seit 2017 machen die langjährigen Freunde zusammen Musik, und haben mit ihren doomigen Dreamscapes ihr Ziel, etwas ganz andersartig Klingendes zu erschaffen, auf faszinierende Weise erreicht. Rhythmisch wie Meereswellen überrollen uns Lieder wie der Titelsong oder das grossartige, melancholisch-bedrohliche ‘Rainbows’ und saugen uns in abyssale Tiefen, die uns erst kurz vor dem atemlosen Ertrinken wieder freigeben. ‘Preparation’ erinnert nicht nur durch die rauchige Stimme an ‘Hiss Spun’-CHELSEA WOLFE, und mein persönlicher Favorit ‘No One Deserves’ mit seinem durchdringenden Herzschlagrhythmus ruft auf zu einem langsamen Tanz mit ANNE CLARK.
Generell spielen Kreise und Spiralen eine grosse Rolle bei COTS, die von ihnen geschaffene Atmosphäre weitet und verengt sich so rhythmisch wie die Atmung, wird jedoch nie so klaustrophobisch, dass man nach Luft schnappen muss. Live stelle ich mir sie sehr intensiv, ja tranceerzeugend vor, vielleicht holt sie mal jemand in heimische Gefilde… zum Beispiel zum „Schatten über Mannheim“? Dann könnte man sich dazu in andere Sphären drehen…
‘Odalisque’ ist eine Platte für die Dämmerung, für Übergangszeiten, und für alle, die sich nur schwer entscheiden können. Ihnen kann ihre sanfte Härte, ihre Wechsel zwischen Traum und Klarheit helfen, über den eigenen Schatten zu springen. Danke dafür!
Bandinfo:
CHURCH OF THE SEA sind: Irene – Vocals, Vangelis – Gitarren und Alex – Synths & Samples
https://churchofthesea.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/ChurchoftheSea
https://www.instagram.com/churchofthesea/
Diskographie:
Anywhere But Desert – EP, 2018
Odalisque – LP, 2022