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Veröffentlichung: 09.09.2022
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Vertrieb: FDA Records
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Versionen: Digital, CD, Vinyl
Stil: Tiefschwarz-wütend-atmosphärischer, post-zugeneigter deutscher Black Metal
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Das Jahresende steht kurz bevor, und ich, die kaum zu was gekommen ist 2022, versuche hektisch zumindest noch die allerwichtigsten Platten hier zu präsentieren. Unbedingt dazu zählt eines der hier seit Herbst meistgespielten Alben, nämlich TOADEATERs Drittling namens ‚Bexadde’, der die mittlerweile als Quartett operierenden Nordlichter einen Riesenschritt nach vorne gebracht hat, wo sie sich nun in Gesellschaft von Genregrössen wie ULTHA, UNRU, NAXEN oder SUN WORSHIP wiederfinden und messen lassen müssen.
Die wütenden Jungs sind reifer geworden, nicht ruhiger, aber zielstrebiger und selbstbewusster, ihre Punk-Herkunft scheint immer noch deutlich durch, wurde jedoch in gemässigtere und vor allem auch harmonischere Bahnen gelenkt und durch komplexes Songwriting gebändigt, ohne den feurigen, antreibenden Zorn auch nur irgendwie zu stillen. TOADEATERs Black Metal ist flächiger, raumgreifender geworden, der zusätzliche Gitarrist wurde dringend nötig, um diese mächtigen flirrenden Soundwälle auch live halten zu können und die Fülle des Bandklangs in den mäandernden, aber nie an Spannung verlierenden Longtracks zu reproduzieren. Dass ‚Bexadde’ ausgerechnet bei Andy Rosczyk im Goblin Sound Studio aufgenommen und meisterlich ihre Stärken in Szene setzend abgemischt wurde, macht diese rundum gelungene Scheibe für alle Liebhaber modernen Atmo-Black Metals mit USBM-Einschlag gleichzeitig zu Pflichtübung und Entdeckerfreude.
A propos Stärken: da wäre zuerst einmal D. Möhrings Gesangsleistung zu nennen. Unglaublich, wie er, als wäre er mehrere Personen, auf völlig unterschiedliche Arten schreit, wimmert, growlt und faucht, all dem gegenüber noch eine wunderbar wandelbare Klarstimme setzt und mit jeglicher Lautäusserung zwischen Verzweiflung, Hysterie, Depression, Getriebenheit, Wut und Panik zu überzeugen weiss. Ich hatte das Glück, das Trio beim letzten Zero Fest kurz vor Pandemiebeginn live kennenzulernen und war schon damals von der technischen Brillianz und den Wagenladungen an transportierten Emotionen, aber eben auch von den herausragenden Vocals beeindruckt, die nun mal auf Englisch, dann wieder Deutsch das Thema von ‚Bexadde’ umkreisen, der inneren Auseinandersetzung mit ständiger, erdrückender Angst, einer Geißel genauso wie einem Warnzeichen unserer Zeit.
Weitere Glanzleistungen sind das wohlmodulierte Drumming von L.L. Schneider, der trotz Highspeed-Blasting viel Blech und interessante Figuren einsetzt, und dann natürlich die Gitarren, die ebenfalls eine grosse Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten nutzen zwischen treibenden Parts und herausstechenden repetitiven Motiven in den getragenen Passagen, die immer wieder kurze, melancholische Pausen zum Durchatmen bieten im Inferno des Tremoloriffings, das wie Sperrfeuer auf den Hörer einprasselt.
„Die Schlinge zieht sich zu…“
Die Texte verfolgen das bedrückende Thema unauflösbarer innerer und äusserer Konflikte und der daraus entstehenden Ausweglosigkeit, Symptomen unserer Zeit, die dem Individuum kaum Hoffnung auf eine Verbesserung seiner als auch der globalen Situation geben. Diese innere Zerrissenheit spiegelt sich im Wechsel zwischen dissonanten und harmonischen Elementen, und macht TOADEATERs Konzept so interessant. Kontraste miteinander verbinden, epische Spannungsbögen aufbauen und halten, diesen Aspekten wurde diesmal viel Gewicht gegeben, so dass die Osnabrücker nun einen stringenten Stil fahren, der zwischen Hardcore-inspiriertem Black Metal und ruhigeren, melancholischen und postmetallisch geprägten Passagen changiert. Hier den eigenen Weg zu finden und sich weiter von den oben genannten etablierteren Bands abzusetzen wird der nächste Schritt sein, aber auch eine wieder ganz andere Entwicklung ist möglich – egal wie, TOADEATER haben mehr als genug Potential und werden jegliche Herausforderungen meistern, das steht fest. Aus Osnabrück ist noch einiges zu erwarten!
Bandinfo:
TOADEATER sind J. Budke (Bass), L. L. Schneider (Drums), D. Möhring (Gitarre & Vocals) sowie seit 2021 als zweiter Gitarrist J. Plackties.
https://toadeater.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/ToadeaterBM
Diskographie:
Codex (LP, 2019)
Hestia (EP, 2020)
Bit To Ewigen Daogen (LP, 2020)
Bexadde (LP, 2022)