SLOWER – Slower

Stil: HeldInnen der Sludge-/Stoner-Doomszene covern die Thrashgötter auf ganz ureigene Art – eben slower af…

Schon immer habe ich eine Vorliebe für abgedrehte Coversongs, jedoch nur solche, die weit jenseits des Ursprungsgenres stattfinden. Wer MAMBO KURTs Anfänge, aber vor allem die (leider lange inaktiven) Schwedinnen von HELLSONGS kennt, weiss, was ich meine: da steht man beim ersten Konzert der einem bisher unbekannten Band, versucht hochkonzentriert herauszufinden, was denn der Ursprungssong ist, und freut sich diebisch sobald man’s weiss.
SLAYER wiederum erkennt man stets sofort an ihren prägnanten, sich ins Ohr fräsenden Riffs, das Duo Hanneman/King hat genau darauf seinen Erfolg aufgebaut, und so leben auch die Cover ihrer Hits vor allem davon, die bekannten messerscharfen Akkordfolgen in den Vordergrund zu stellen.

Die Idee, SLAYER rundum deutlich runterzufahren und zu versludgen rannte bei mir daher offene Türen ein, zumal klar war, dass die Doomversion eine Angelegenheit verdammter Heavyness werden würde, wie es dem Genre eben entspricht  – dass sie auch so einige Überraschungen birgt ist dann jedoch das Tüpfelchen auf dem Y!
Der erste geniale Schachzug ist, ausschliesslich weiblichen Sirenengesang einzusetzen von zwei Szenegrössen, die schon in ihren eigenen Bands durch ihren herausragenden Gesang auffallen: Amy Barrysmith von YEAR OF THE COBRA sowie Laura Pleasants von KYLESA. Der Kontrast ihrer Klarstimmen zum runtergestimmten Doombassgedröhn fasziniert, zieht in den Bann, und verändert vor allem die Stimmung der SLAYER-Songs komplett – wo Araya passend zu den Texten seine Wut herauskotzt, schmeicheln sich die Damen sanft und sinnlich ins Ohr und führen Lyrics wie „The final swing is not a drill, it’s how many people I can kill“ damit ad absurdum. Ein grosser Spass, der andererseits noch mehr zu denken gibt was die ständige Gewaltverherrlichung gerade in Extremetaltexten angeht.

Entsprechend der im Stonerrock meist diametral gelagerten Thematik könnte man genreentsprechend weedgeschwaengerte Easy Going-Cover erwarten, aber es ist nicht das bekiffte Kichern, das einem im Halse stecken bleibt, vielmehr erreicht der menschengemachte Horror gerade durch das Zeitlupen-Sezieren der Songs ein neues Niveau. Zwar fehlt ‚Angel Of Death’ in der Auswahl, die interessanter- (und vor allem diskussionswürdigerweise!) vor allem Stücke der 1990er ‚Seasons In The Abyss’ umfasst, doch das Morbide, Unmenschliche und Abseitige in SLAYERs Musik wird auch so betont und in pures, hochdosiertes Gift verwandelt. Ein gutes Beispiel hierfür ist mein Favorit der fünf Songs, ‚The Antichrist’ vom Debüt, ein sowieso schon extrem grooviger, dynamikreicher Song mit komplexem BLACK SABBATH-Riffing und bedrohlicher Stimmung, der sich absolut fürs downripping anbietet, und entsprechend intensiv wird er von SLOWER auch ausgelebt: 08:13 Minuten Spielzeit statt ursprünglicher 2:51, das ist purer Genuss, und hier muss endlich der Urheber dieses Projekts erwähnt und auch die Geschichte dahinter kurz angerissen werden.

FU MANCHUs Bob Balch übte mit einer Gitarrenanfängerin ‚South Of Heaven’ und musste dafür die Geschwindigkeit stark verlangsamen, nachdem er es zudem runterstimmte überzeugte ihn das Ergebnis und die Idee zu doomigen SLAYER sowie dem Namen SLOWER war geboren. Auch wenn es noch einige Jahre und verschiedene Begegnungen brauchen sollte, sind heute fünf Klassiker entsprechend umgebaut. Er übernimmt dabei selbstredend die Gitarren und Esben Willems von MONOLORD gibt den Lombardo, während an Bass und Mikro die MusikerInnen wechseln – die ersten vier Songs werden von Peder Bergstrand (LOWRIDER) und Amy Barrysmith übernommen (Man achte besonders bei ‚Dead Skin Mask’ auf ihre Gesangsinterpretation!), während das abschliessende ‚South Of Heaven’ mit KYUSS’ Scott Reeder und Laura Pleasants nochmal eine ganz andere Nummer ist…

All diesen gestandenen KünstlerInnen kommt SLAYERs Groovyness, die extrem strukturbildende Riffbetonung zweier hochkreativer und ganz eigenständiger Gitarristen, die Fixierung auf eingängige Hooklines und Melodien und auch das anspruchsvolle, komplexe Drumming entgegen und bieten sich dafür an, hier komplett neu heranzugehen. Die üblicherweise kurzen Soli werden natürlich ausgedehnt, aber nicht künstlich, sondern völlig organisch erweitert, die Ideen werden einfach weitergedacht. Insgesamt ergibt dies mal wieder mehr als die Summe seiner Teile; hier wird zeitlosen Thrashern neues Leben eingehaucht, und das ausgerechnet von der jenseitigsten Spielart des Metaluniversums. Dazu kann ich nur sagen:

I am South of Heaven!

PS: man raunt schon von möglichen Fortsetzungen…

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