DARVAZA – Ascending Into Perdition

Review von UltraViolet aka U.Violet, zuerst erschienen bei www.Saitenkult.de:

Feb 06, 2022

~ 2022 (Terratur Possessions) – Stil: Italonidrosian ~


Father!

Can you hear me now?

My mouth is spitting poison over your creation!

Da hat die zweiköpfige Südnordachse des okkulten Blackmetal-Untergrunds aber nochmal deutlich nachgelegt für ihr Longplayer-Debüt! Nach drei vielgeliebten und -gelobten EPs seit der Bandgründung 2015 und noch viel mehr gefeierten, weil stets höchst beeindruckenden, blutgesättigten Livedarbietungen kommt nun ´Ascending Into Perdition´ wie ein Paukenschlag zu Jahresbeginn und setzt gleich mal die Messlatte im rituellen Black Metal um ein paar Killernieten höher.

DARVAZAs Pfunde, mit denen die beiden Multiinstrumentalisten auch hier wieder wuchern, sind zum einen ganz klar ihr Sinn für packende, gleichzeitig düstere als auch hymnenhafte und sehr abwechslungsreiche Songs, die stets so klingen, als ob sie unheilige Rituale begleiten, und zum anderen der aktuell vielleicht beste Black Metal-Sänger des Untergrunds. Wraath (ONE TAIL ONE HEAD, BEHEXEN, CELESTIAL BLOODSHED, DARK SONORITY, MARE uvm.), der sich hier allein aufs Singen konzentrieren kann, hat nicht nur eine fesselnde und ausdrucksreiche Bühnenpräsenz, auch seine Vocals stechen stets in ihrer Einzigartigkeit hervor, denn keiner ist so intensiv, und kann vor allem ein solches Kaleidoskop an Stilen und Gefühlen bedienen. Der Norweger aus Trondheim growlt, heult, schreit, röchelt, knurrt, sprechsingt, lässt den Kehlkopf ganz langsam vibrieren (im Oberknaller ´This Hungry Triumphant Darkness´) und singt bei Bedarf auch mal klar – all das absolut souverän und mit immens viel Ausdruckskraft. Er lebt Black Metal offenhörbar mit jeder Faser nicht nur seiner Stimmbänder, und drückt somit ´Ascending Into Perdition´ seinen ganz persönlichen Stempel auf.

Ergänzt wird diese stimmliche Vielfalt von einem mitreißenden Songwriting, dem man anhört, dass Omega (u.a. BLUT AUS NORD, CHAOS INVOCATION, FIDES INVERSA, KULT, FROSTMOON ECLIPSE, NUBIVAGANT…) von Haus aus Schlagzeuger, aber vor allem Vollblutmusiker ist. Der Italiener übernimmt bei DARVAZA sämtliche Instrumente selbst und legt dadurch den Grundstein dafür, dass ´Ascending Into Perdition´ eine in sich absolut stimmige und runde Sache ist. Man wird schwerlich nach nur einem Durchlauf nicht wieder auf Play drücken, so viel Spaß macht diese gleichzeitig so detailreiche wie eingängige Scheibe, bei der diesmal auch viel Wert auf eine authentische, aber trotzdem klare Produktion gelegt wurde.

Und auf extrem abwechslungsreiche Atmosphäre und dynamische Spannungsaufbauten. Da gibt es klassische Einlagen, Filmmusik, Gregorianik, sehr viel instrumentale Finesse und einen schier unerschöpflichen Ideenreichtum. Die Produktion passt sich den Songs an, das Schlagzeug klingt mal kellergleich, mal hochexakt herausgearbeitet, hier steckt so viel an Feinarbeit und Detailreichtum drin, wär’s kein BM, wäre man geneigt zu sagen es sei äußerst liebevoll gemacht. Einigen wir uns auf „leidenschaftlich“.

Es geht recht straight und temporeich los mit ´Mother Of Harlots´, das noch sehr an die vorausgegangenen EPs erinnert, reduziert plötzlich das Tempo zu einem fiesen Stampfer, bei dem die Hintergrundchöre in Kombination mit den majestätischen Gitarrenlinien eine sehr mystische Stimmung heraufbeschwören. Musik, die man bei offenem Feuer hören muss. Druckvoll geblastet geht es weiter, ´The Spear And The Tumult´ geben Wraath erstmalig die Gelegenheit, seiner theatralischen Ader (die ihn mit Omega verbindet, beide steigern sich gerne in das, was sie tun, komplett hinein…) völlig freien Lauf zu lassen, dazu kommt eine interessante Dissonanz, viele Ambientelemente und Voilà, schon ist eine bedrohlich-rituelle Stimmung aufgebaut – und ich habe meinen Albumfavoriten gefunden. Das ´Mouth Of The Dragon´ öffnet sich schwefelspeiend und andächtig im epischen Midtempo, um mit dem alles niederwalzenden Riffgewitter ´This Hungry Triumphant Darkness´ den galoppierenden ersten Faustrecker und Mitgrölhit des noch jungen Jahres zu begrüßen. Allein der kotzhustend-kehlgesungene Mittelteil gehört in die Walhalla der ewigen Black Metal-Epen, und frisst sich wegen oder trotz seines klassischen Heavy Metal-Riffings sofort ins Gedächtnis.

´The Second Woe´ holt danach Luft, diesmal wird wie oben zitiert der Vater qualvoll angerufen, Mönchschöre, massiver Groove und ein schneidendes Riff bereiten schon mal auf den längsten Track und die schwarze Messe, die ´Silence In Heaven´ ist, vor, sie beginnt bombastisch-klassisch, fasst mit vielschichtig flirrenden Melodien und immer wieder in Highspeed ausbrechenden Passagen zu Gesang, der zwischen Qual und Wahnsinn pendelt, sämtliche Stärken des gemischten Duos zusammen und macht den prallgefüllten Sack zu, der viel mehr einem ideensprudelnden schwarzmetallischen Füllhorn ähnelt. „Oh Satan, oh Lord!“.

Hier haben zwei, die gefühlt an allen okkulten Untergrund-BM-Kapellen ihrer jeweiligen Heimat beteiligt sind oder waren, aus der Verbindung geographischer Gegensätze in ein und demselben Kult eine alchemistische Synergie entfacht, die perfekt zur schwefligen Leviathansymbolik und ihrem Namen passt, der vom Darvaza-Krater, dem Eingang zur Hölle, stammt, und ein teuflisch gutes Langeisen geschmiedet, das jedem bestens reinlaufen wird, der nur eines will:

„No gimmicks, no bullshit; pure Black Metal Devotion.”

(9 Punkte)

https://youtube.com/watch?v=y9A2y_QSXy0%3Ffeature%3Doembed

https://darvazablackmetal.bandcamp.com/

https://www.facebook.com/Darvaza.blackmetal/


Pic: Void Revelations