von UltraViolet aka U.Violet, zuerst erschienen bei www.Saitenkult.de:
SLÆGT – Goddess
Mrz 22, 2022
~ 2022 (Century Media Records) – Stil: Black Heavy Metal ~
SLÆGT werden in meinen Ohren immer die „Jungs aus Kopenhagen“ bleiben. Das ist alles andere als despektierlich gemeint, zumal nach dem nun vorliegenden vierten Langspieler und ihrem Wechsel zu „Century Media“, doch für mich ist dieses Quartett einfach der Inbegriff schier unendlichen jugendlichen Selbstbewusstseins, ungebändigter Energie, von wütender Rebellion, überschäumender Phantasie, Leidenschaft und der Risikobereitschaft, sich immer wieder an Neuem auszuprobieren.
Zudem sind sie Dänen, kommen aus einer der aktuell brodelndsten und innovativsten Szenen, was ihre Offenheit für Experimente und schräge, eigene Ideen nochmal verstärkt. Entstanden aus Bandgründer Asroks Vision, die Norwegische Zweite Welle in die 2010er schwappen zu lassen, und vervollständigt durch die Zutaten der anderen drei Virtuosi, alle vier verwurzelt und mehr als sattelfest im extremen wie klassischen Metal und epischen Hardrock, haben sie schon früh ihren ureigenen, scheinbare Gegensätze verbindenden Sound gefunden, einen wilden Mix mit extrem viel Drive und Geschwindigkeit, mitreißend trotz (Kopenhagener Schule!) ständiger Tempowechsel und rhythmischer Brüche, rohem frühem US-Thrash-Geballer und immer wieder ziemlich schiefen, aber authentisch-britischen proggy 70ies-Tonläufen, aus denen unvermittelt prächtige Harmoniebögen wachsen und sich die SLÆGTtypischen Twin-Gitarrensoli spiralig in andere Sphären hochschrauben. Ein ungestümer, düsterer und gleichzeitig strahlender Mix voller roher Energie, ist ihr Metal gefährlich wie ein schwarzmagisches Dekokt, denn er trägt nicht nur eine pechschwarze Gesinnung vor sich her, sondern ist auch absolut suchterzeugend.
Doch natürlich ist dies nur die halbe Wahrheit, denn bei allem, was SLÆGT auf ´Goddess´ vollführen, ist nichts dem Zufall überlassen. Nicht weniger als die Dekonstruktion und die darauffolgende Neuerschaffung des Genres ist ihr Ziel. Sie sind Zeitreisende, in der Lage das Beste aus allen Welten zu vereinen, Metal in seine Einzelbestandteile zu zerlegen, um ihn nach ihren eigenen Vorstellungen wieder zu einem geheimnisvollen Kraftelixier zusammenzusetzen. Mit der mystisch-allmächtigen ´Goddess´, von Dávid Glomba im Kontrast zu den bisherigen, graphischen Covern üppig in Szene gesetzt, ist ihnen nun genau das gelungen, Reife, Weisheit und Souveränität sickern durch jeden Song, jedes Riff und jedes Wort der vieldeutigen Lyrics. Doch Obacht, für alle trven Heavy-Jünger, die unerklärlicherweise bislang nichts mit der Band anfangen konnten, wird vermutlich auch der nochmals gesteigerte progressive Anteil und der verschlankte Vintage- bis Oldschool-Sound, den Martin Ehrencrona den Dänen verpasst hat, daran nichts ändern können, denn Oskar growlt weiterhin stoisch in den tiefsten, bellenden Lagen. SLÆGT ist halt einfach nur was für die ganz harten Hunde.
Doch was erwartet uns an höheren Weihen im Himmel der ´Goddess´? Es geht los mit Saxophoneinsatz im einschmeichelnden und gleichzeitig an die vorigen SLÆGT-Alben anschließenden Goth’n’Roll-Einsteiger ´Deceived By An Amethyst´, der ganz nebenbei auch noch vorführt, wo TRIBULATION, ebenfalls Wandler zwischen den metallischen Welten, heute stehen könnten, wenn sie den Weg der Kinder der Nacht weitergegangen wären. Oskars gehetzte Growls besingen magische Edelsteine, und Anders legt das Blasinstrument beiseite und seine ziselierten Soli über diesen Wohlfühlsong, der zurecht am Anfang steht – und damit in die Irre führt, denn vielschichtig-packend wird es zwar bleiben, sich jedoch in vollem Galopp in die Zukunft wenden, und zwar zuerst mit dem trippigen, von harmonischen Schemata weitgehend losgelösten Space-Noise-Prog-Free Jazz-Thrasher (!!!) ´Kiss From A Knife´, der das Quartett noch mehr als bisher als Tourpartner von VOIVOD qualifiziert. Eine fiebrig-verschwitzte Verfolgungsjagd über einstürzende Tonleitern, die doch immer nur ins bodenlose Nichts führen, küsst das Messer den aufkeimenden Wahnsinn, hält ihn jedoch stets fest im Kunstgriff und damit ganz knapp im Zaum. In dieselbe schräge, schartige Kerbe wird später noch das sinnlich betörende ´Fealty, Thunder Whip´ hauen, denn die Songtüftler haben inzwischen jegliche Scheu davor verloren, Dissonanzen und ihren Weg zurück zur Harmonie als führendes Stilmittel zu verwenden. Wohlklang kann schließlich jeder, doch verstörende und trotzdem schlüssige, mitreißende Avant-Garde will mit Können, Fleiß und Mut erarbeitet sein.
Aber es geht Oskar, Anders, Adam und Olle nicht darum, mit ihren Fähigkeiten als Komponisten und Arrangeure zu protzen, sie suchen vielmehr den metallischen Stein der Weisen, und dafür machen sie sich auf den Weg durch die letzten fünfzig Jahre Metalgeschichte, besonders gut nachzuhören im extrem detailverliebten ´Hunt Again´. Ein Jagdhorn eröffnet die wiederum stark thrashbasierte Hatz auf die vielköpfige Bestie, deren Blutlinie sich grob mit WISHBONE ASH – JUDAS PRIEST – MERCYFUL FATE – SLAYER – DARKTHRONE – DISSECTION – AT THE GATES skizzieren lässt:
„Those who came before
You’ll live in us forevermore”
Hierbei werden auch lyrisch sämtliche Blut, Schweiß & Drachentöter-Klischees des Genres zitiert und persifliert, ein großer Spass für jeden Nerd, und mittendrin gibt’s sogar klassisches Wolf Hoffmann-80er-Riffing sowie Gangshouts. Und es ist nicht zu überhören: Adam ist zurück am Schlagzeug, die Quadriga ist wieder komplett in Saft und Kraft, und wer sie schon mal auf der Bühne erlebt hat, kann den Eindruck gewinnen, sie hätten das Ganze zusammen live eingespielt. ´Stabat Bloody Stabat´ leitet nicht nur auf den Titelsong des Albums über, traditionell das längste und letzte Stück, sondern auch auf die Tatsache, dass die Dänen auch Doom können, schwedisch getönten natürlich. Elf Minuten episch-nordische Melancholie, Twingitarrenworshipping, erhabenes Powerriffing und hymnische Melodien erschaffen eine so betörende wie bedrohliche Atmosphäre und schließen den magischen Kreis, der es – einziger Wermutstropfen – gerade mal auf 40 Minuten bringt. Doch in ihrer anspruchsvollen Kompaktheit, die innerlich umso länger nachhallt, steht ´Goddess´ als vollendetes Werk für sich allein im Schaffen von SLÆGT.
„Through the darkness
Of the light
Hear me call
Out with might.“
Ich habe die Zukunft des Metal gesehen, und ihre Namen sind OAAO.
(10 Punkte)
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SLÆGT – Black Bombs (Single)
Apr 27, 2019
~ 2019 (Ván Records) – Stil: Blackened Heavy Metal ~
Immer ein taktisch geschickter Schachzug, sich mit einer zwischen zwei Veröffentlichungen eingestreuten 7’’ bei den Fans in Erinnerung zu halten, und gleichzeitig die laufende Tour zu promoten. Die jungen Dänen von SLÆGT legen ein Jahr nach ´The Wheel´ zwei Songs aus deren Aufnahmesessions vor, die wohl absichtlich zurückgehalten wurden – keineswegs wegen mangelnder Qualität, eher weil der Rundling damals schon genau das war – rundum gelungen und vollständig.
Die beiden neuen Songs entspringen also derselben Ursuppe, und präsentieren die aktuellen, weiterhin stark dual ausgeprägten Stärken der Kopenhagener gerade durch ihre Unterschiedlichkeit perfekt – während ´Black Bombs´ wiederum die bekannt phantastisch zwischen Anders und Oscar wechselnde, gleich den Seventies schillernde und doch klassisch-metallische Gitarrenarbeit, verdunkelt durch würdevolle DISSECTION-Schwarzrhythmik, in den Vordergrund stellt und als zorniger Powerbrocken à la ´I Smell Blood´ auf den Hörer zurollt, ist ´Wake Dirge´ mehr melancholisches Lament und damit noch einen Schritt näher dran an der Band, an der sich SLÆGT allein schon soundtechnisch mehr denn je messen wollen, nämlich den grossen schwedischen Nachbarn TRIBULATION (zu ´The Formulas Of Death´- Zeiten, wohlgemerkt!). Deren Hörer werden die Entwicklung der Dänen schon länger verfolgen, und falls nicht, wird es nun höchste Zeit. Und auch für alle anderen Metal-Conaisseure, die nichts gegen mitternächtliche Dunkelheit und Härte in ihrem Musikleben haben. Denn wenn SLÆGT auf diesem Weg weitergehen und die Spannung zwischen ihren verschiedenen Polen nochmals steigern können, werden so einige grosse Namen die Köpfe einziehen müssen, wenn die nächste volle Ladung „Danish Dynamite“ explodiert!
(8 Punkte)